Beyond the pages
Inspiration ist ein ebenso spannender wie undurchsichtiger Prozess. Oft geschieht sie un(ter)bewusst, aber die meisten Romanautor*innen erinnern sich vermutlich gut daran, was der allererste Samen ihrer Geschichte war – das eine Bild oder Konzept, das sie fasziniert und nicht mehr losgelassen hat und sie am Ende über hunderte Seiten und alle Zweifel hinweg getragen hat.
„Die Hexe von Dunwood“ ist inspiriert durch einen ungelösten Kriminalfall aus dem England der 40er-Jahre. Nachdem Jugendliche in der Nähe von Birmingham die verweste Leiche einer Unbekannten in einem hohlen Baumstamm entdeckten, tauchten an verschiedenen Orten der Gegend immer wieder Graffitis auf, welche die Frage stellten: „Who put Bella in the Wych Elm?“ („Wer hat Bella in die Bergulme gesteckt?“)
Ob „Bella“ tatsächlich der Name der Toten war und falls ja, woher die Person mit den Graffitis davon wusste, ist nicht bekannt; der Fall ist bis heute ungelöst und noch immer Gegenstand von Spekulation und Internet-Theorien. Eine davon vermutet einen Zusammenhang mit der okkulten Praktik der Totenhand oder „Hand of Glory“, bei welcher Verstorbenen einen Hand abgetrennt wird, um sie für magische Rituale zu verwenden.
Es war allerdings gar nicht diese Theorie, sondern die „Wych Elm“ selbst, die bei mir das Bild einer toten Hexe im Baum entstehen ließ. Diese Idee warf sofort einen Haufen Fragen für mich auf. War die Tote wirklich eine „Hexe“? Wie kam sie in den Baum? War es Suizid, oder hat sie jemand dort erhängt – und warum? Dass die Geschichte von Birmingham in die schottischen Highlands verlegt wurde, lag hauptsächlich an meiner eigenen Faszination für die Gegend und meiner Liebe für Regenwetter, die ebenfalls eine Rolle im Roman spielt. So wurde Dunwood geboren, ein fiktives Dorf, das ich unweit der realen Stadt Fort William angesiedelt habe. Auch wenn Dunwood lediglich ein kleines Dorf ist, habe ich mir in Sachen Infrastruktur ein paar Freiheiten erlaubt, um der Erzählung etwas des beengten, isolierten Gefühls eines Kammerspiels zu verleihen, das ich in Mysterys sehr liebe.
Wenn ihr weitere Fragen zum Roman oder meinem Schreibprozess habt, lasst es mich gerne wissen!